Das literarisch-poetische Schaffen Édouard Glissants, bedeutender Autor der französischsprachigen Karibik, Aktivist und Vordenker postkolonialer Theorie, war ein wichtiger Bezugspunkt der Doppelausstellung Gods Moving in Places in der ifa-Galerie Berlin. In drei kollektiven Lektüresettings näherten wir uns ausgewählten Texten und poetischen Fragmenten Glissants – und erprobten experimentelle Formate, um Lesegewohnheiten herauszufordern und neue Blickweisen auf die Ausstellung zu eröffnen.

Reading Session 1 widmete sich Édouard Glissants „Denken der Spur“ mit Körperübungen und choreografischen Experimenten. Gemeinsam mit dem Performer Thiago Rosa lasen wir Glissant in Resonanz zur Bodeninstallation der Künstlerin Minia Biabiany, deren Arbeit von der zentralen Rolle eines „körperlichen Denkens“ ausgeht.

Reading Session II führte uns auf eine Brachfläche an der Osloer Straße. Zwischen Nr. 107 und 108 hat die Künstler*innengruppe Club Real 2019 die erste Berliner Organismendemokratie gegründet. Die Leseprobe untersuchte Édouard Glissants Konzept eines archipelischen Denkens aus der Sicht einiger Staatsbürger*innen wie der orientalischen Mörtelwespe und des Schabockskrautbecherlings.

Reading Session III schließlich war zu Gast auf dem Nachbarschaftscampus Dammweg in Berlin-Neukölln, wo Fetesh Tarekegn zusammen mit dem Team von Berlin Mondiale einen Gemeinschaftsgarten einrichtet. Umgeben von Setzlingen, Kompost und urbaner Botanik näherten wir uns Glissants Konzept der Kreolisierungen und verbanden die Lektüre mit praktischer Gartenarbeit als Reflexionsraum.

Kuratiert von Annika Niemann im Rahmen der Ausstellungen Gods Moving to Places in der ifa-Galerie Berlin (2022)

Mit: Club Real (Georg Reinhardt & Marianne Ramsay-Sonneck), Fetewei Tarekegn und Thiago Rosa

Fotos: Victoria Tomaschko / ifa-Galerie Berlin, 2022